Dienstag, 11. März 2008

Resignation & Konfrontation

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"Aber selbst im Akzeptieren der Lage steckt noch ein letzter Versuch, ihrer Herr zu werden. Denn auch Resignation erfordert noch die Anstrengung, sich dem tödlichen, bei jeder Bewerbung wiederholten Spiel von stets neu sich aufbauenden Hoffnungen und ihrer Enttäuschung zu entziehen."

Martin Kronauer (2002), Exklusion. Die Gefährdung des Sozialen im hoch entwickelten Kapitalismus, Frankfurt(Main), S. 164f.


"Auf die Vermeidung von Konfrontation zielt der Abbruch von Beziehungen ab, die auf Reziprozität beruhen - auf dem Austausch von Geschenken bei Einladungen, dem Ausgeben von Runden in der Kneipe. Es ist ein typischer Ausweg aus informellen sozialen Situationen, die durch die Verschlechterung der eigenen Lage asymmetrisch geworden sind. Man kommt dem Gesichtsverlust zuvor, indem man den Ausschluss selbst vollzieht. Dieses vorgehen ist unter Arbeitslosen und Armen weit verbreitet und einer der wesentlichen Antriebskräfte von Prozessen [...] sozialer Isolierung.
'Kulturelle Peripherisierung' (Tobias und Boettner 1992, S.88) stellt gewissermaßen eine kollektive Strategie der Gesichtswahrung dar. Sie funktioniert auf sozial-räumlicher Ebene und am ehesten in städtischen Räumen, die bereits durch äußere, bauliche Merkmale von der Umgebung isoliert sind. Physisch und sozial abgeschnitten von den 'besseren Vierteln', beschränkt die Armutsbevölkerung ihrerseits ihren sozialen Radius auf den eigenen Stadtteil. Sie vermeidet damit so weit wie möglich die Konfrontation mit einem Lebensstil, den sie selbst nicht mehr realisieren kann. Die eigene kleine Welt wird zum Maß der Dinge, auch in der sozialen Rangordnung. Wer außerhalb nur mit Verachtung rechnen müsste, kann sich innerhalb dieser Welt noch zum Mittelstand zählen. 'Kulturelle Peripherisierung', das ist 'Rückzug auf den lokalen Schauplatz um einer an den Normen der 'großen Gesellschaft' orientierten Statussicherung willen' (Tobias und Boettner 1992, S.90).
Dagegen brechen die Jugendlichen der Banlieus aus der Ödnis der Trabantenstädte aus und stoßen in die Welt der Reichen und des Konsums vor, wenn sie ihre Streifzüge in die Innenstadt unternehmen. Hier ist es gerade der Kitzel der Konfrontation, der zählt. Entscheidend ist, für ein paar Stunden dazuzugehören, und sei es auch nur in der Rolle des Zuschauers. Umso unerträglicher wird der Gedanke, ein Leben lang sozial und räunmlich 'außen vor' zu bleiben (vgl. Wacquant 1996, S. 243).

ebd., S. 181f.

Freitag, 7. März 2008

Antimuslimischer Rassismus, Vermischtes

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Schäuble überholt Giordano und die meisten 'Anti'deutschen ganz weit 'links' (hier)

Schäuble: Der Islam ist längst ein Teil unseres Landes. Das ist doch unbestreitbar. Und unser Land verändert sich dadurch. Gesellschaften müssen auf Veränderungen flexibel reagieren, um sie erfolgreich zu meistern. Wir sollten jedenfalls klar unterscheiden zwischen den Integrationsproblemen, die wir haben, und den Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus.

und Bastian Engelke schaut sich bei telepolis Politically Incorrect einmal genauer an (hier):

"Der Hass richtet sich radikal und pauschal gegen Moslems. Einer meint, die "Kulturbereicherer" - eine bei PI gebräuchliche ironische Bezeichnung für Moslems – würden "normalerweise nicht zuschlagen sondern das Messer ziehen ohne Vorwarnung". Häufig ist vom "Kinderficker" oder "Kinderschänder" Mohammed die Rede, einem "Gewaltunhold", der "den totalen Krieg gewünscht" habe. Einer klagt, er habe "mittlerweile schon eine körperliche Abneigung gegen Moslems. Wenn ich ein Kopftuch nur sehe, wird mir übel." Ein anderer meint apodiktisch: "Der Islam hat keine Toleranz verdient.". Wieder ein anderer erklärt noch schlichter: "Der Islam verkörpert nahezu perfekt die Vorstellung des Bösen."

Moslems seien ein "Mob", den man sich "vom Hals schaffen" müsse, "Gesindel", "Hinternhochbeter", "Kulturverwüstlinge" und "Migrationmüll" (sic), Allah, der "Möchtegern-Gott aus der Wüste", "lügt und betrügt, wo es nur geht", der Islam ist eine "verfassungsfeindliche Weltanschauung", ein "Gesellschaftssystem", das "strukturell intolerant, diskriminierend und gewalttätig" ist, oder auch eine "Gehirnwäsche-Großsekte"."

Verspätete Antwort

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Hier endlich ein Beitrag zu folgender Diskussion:

„Das ist eine schwierige Debatte. Zu verifizieren, ob deine Sicht des hegemonialen Diskurses oder meine nun richtiger ist, […] mein Bsp: Rether im öffentlichen Abendprogramm“
Was ist denn das für ein Bsp. einen Beitrag aus den Kulturnischen des Abendprogramms gleich als hegemoniale Position auszumachen, Alexander Kluge zählt dann vermutlich auch dazu, oder was? Anscheinend sind sämtliche empirischen Untersuchungen und auch der sonstige Diskurs über ‚den Islam’ weit an dir vorbeigegangen.
„Da entsteht ein bemerkenswertes Amalgam zwischen publizistischen Eliten, Rechtsextremen und gewöhnlichen Bürgern: Bereits im Mai 2006 veröffentlichte das Allensbach Institut eine Untersuchung. Sie ergab: 91 Prozent der Deutschen denken beim Stichwort Islam an die Benachteiligung von Frauen; 74 Prozent meinen, eine Moschee sollte nicht gebaut werden, wenn die Bevölkerung dagegen ist; 40 Prozent sind dafür, dass die Ausübung des islamischen Glaubens in Deutschland stark eingeschränkt werden sollte. Nur 25 Prozent glauben, dass es keinen Kampf der Kulturen gibt. Ein ganzes Volk ist vereint im antiislamischen Widerstand.“
Eberhard Seidel in der taz vom 7.10.2006

„Was die Ausrichtung gegen den Mainstream angeht, zeigt nicht nur die Nähe zum Star der politischen Inkorrektheit, Henryk M. Broder (diesjähriger Preisträger des Frankfurter Ludwig-Börne-Preises, einziger Juror "Focus"-Chefredakteur Helmut Markwort), dass PI eine Strömung des Zeitgeists aufgreift und radikalisiert, die vom Mainstream gar nicht so weit entfernt ist. Schließlich künden zahlreiche Empfehlungen von Büchern prominenter deutscher und internationaler Autoren davon, dass man mit seinen Thesen dort nicht allein steht (und dass Amazon nichts gegen dieses Vertriebsorgan einzuwenden hat). Eine umfangreiche Linkliste verweist auf eine ansehnliche Gemeinde von mehr oder weniger Gleichgesinnten. Sogar die gewöhnlich um politische Neutralität bemühte Suchmaschine Google erteilt PI ihre Weihen – das Blog ist eine der Nachrichtenquellen von Google News.“
Bastian Engelke auf telepolis.
„the Muslims continue to function as Europe’s constitutive Other: the main opposition of today’s ideologico-political struggle ist he one between a tolerant multicultural liberal Europe and a fundamentalist Islam. Any political or even cultural organization of Muslims is immediately dismissed as a fundamentalist threat to our secular values.”
Žižek zitiert nach Lysis.

Des Weiteren könntest du mir erklären was du unter Islamkritik verstehst und warum du es nicht für nötig findest zwischen Islam (beachtet man die jeweilige Kontexteingebettetheit wäre hier eigentlich der Plural angebrachter), islamischen Fundamentalismen und Islamismus (Plural?) zu unterscheiden? Das würde mich wirklich brennend interessieren. Wie du plötzlich von der islamischen Minderheit in Deutschland und dem Diskurs über muslimischen Rassismus hier auf USA, Israel, Sharia, Sudan und Kenia kommst ist mir rätselhaft und was sind „islamische Verhältnisse“? Was die Bedrohung in Israel mit dem Islam zu tun hat müsstest du mir auch erklären, oder leitest du den Antisemitismus in der Region aus ‚dem’ Islam ab?
„Familiendramen und fundamentalistische Christen sind nicht so wirkmächtig wie Ehrenmorde und Länder, in denen keine Trennung von Kirche und Staat existiert und die Sharia herrscht.“

Wie genau ist das jetzt zu verstehen und was hat das mit antimuslimischen Rassismus in Deutschland zu tun (wo man über die vollständige Trennung von Kirche und Staat ja auch streiten kann)? Christlicher Fundamentalismus ist ja auch total irrelevant…
„die Dethematisierung von reellen Unterdrückungsverhältnissen in islamischen Gemeinschaften“

Damit konstruierst DU ersteinmal eine Randgruppe denen du dann auch noch spezifisch eigene Unterdrückungsverhältnisse zuschreibst (in Abgrenzung zur ‚Mehrheitsgesellschaft’). Vielleicht könntest du diese Spezifik der ‚islamischen Gemeinschaften’ ja mal benennen?
„Interessant auch der Spaltungsbegriff, der eine gesunde Volksgemeinschaft impliziert“

Ja, jetzt biste gleich wieder bei den Nazis. Das mit der bürgerlichen Gesellschaft bestimmte Inklusionsvorstellungen einhergehen die Produkt der bürgerlichen Revolutionen sind und auch eine bürgerliche Gesellschaft schauen muss, dass sie nicht auseinander fliegt kannst du bei Durkheim, Gramsci und anderen gerne nachlesen, aber nee, gleich alles Volksgemeinschaft und so impliziert und Pogrom schon vorbereitet und Opfer schon ausgemacht.
„Als "Spalter" und "Scharfmacher" bezeichnet er 3 Menschen, 2 davon mit jüdischer Herkunft.“

Ja na und, aber im Gegensatz du dir stellt er nicht deren Religionszugehörigkeit heraus. Wenn du Broder und Giordano jetzt aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit nicht als Spalter bezeichnet haben willst muss ich dich leider enttäuschen. Das sind nämlich ganz arge Spalter, wie man in der FAZ Sonntagszeitung von letzter Woche für Giordano sehr gut nachlesen kann. Da überholt Schäuble nämlich sowohl Giordano, als auch einen großen Teil ‚Anti’deutscher ganz weit 'links' und zu Broder dem Politically Incorrect-Fan ist ja schon genügend gesagt worden (z.B. hier). Aber Kritik an jüdischen Deutschen ist dieser Argumentation zufolge ja per se antisemitisch.